Die aktuelle „S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ aus dem Jahr 2022 (gültig bis Ende 2026) wird durch die federführenden Fachgesellschaften der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) herausgegeben. In diesem Artikel bieten wir Ihnen eine grobe Übersicht über die verschiedenen Prophylaxen mit ihrer Wirksamkeit, Anwendungsdauer, für wen und ab wann sie geeignet sind.
Indikation zur medikamentösen Migräneprophylaxe
Die Prophylaxe der Migräne zielt darauf ab, die Häufigkeit, Intensität und Dauer der Migräneattacken zu reduzieren. Eine medikamentöse Prophylaxe sollte bei besonderem Leidensdruck, Einschränkung der Lebensqualität und bestehendem Risiko eines Medikamentenübergebrauchs-Kopfschmerz (MÜK) oder eines Übergangs in die chronische Migräne in Betracht gezogen werden und idealerweise mit nicht-medikamentösen Maßnahmen kombiniert werden.
Die Indikation für verschreibungsfähige Prophylaxen muss spätestens nach zwei Jahren überprüft werden sowie die Auswahl eines Prophylaktikums in enger Absprache zwischen Betroffenen und behandelndem Fachpersonal erfolgen. Entscheiden sind dabei die wissenschaftliche Evidenz des Prophylaktikums, die Kopfschmerzart und -frequenz, der Leidensdruck, antizipierten Nebenwirkungen und Komorbiditäten, Lebensumstände und die Patientenpräferenzen.
Eine medikamentöse Migräneprophylaxe gilt dabei laut Leitlinie als wirksam, wenn bei episodischer Migräne die Anfallshäufigkeit um 50 % oder mehr und bei chronischer Migräne um 30 % oder mehr reduziert wird. Im Folgenden sind Medikamenten mit hoher Evidenz aufgeführt: Betablocker, Kalziumantagonisten, Antikonvulsiva, Antidepressiva, OnabotulinumtoxinA (bei chronischer Migräne) und monoklonale Antikörper1 .
Abbildung 1: Medikamentöse Prophylaxe der Migräne gemäß der Leitlinien für Diagnostik und Theraphie in der Neurologie © DGN 2022 S. 521
Betablocker
Die Betablocker Propranolol und Metoprolol haben eine hohe Evidenz für ihre Wirksamkeit in der Migräneprophylaxe. In einer Metaanalyse reduzierte Propranolol die Kopfschmerztage bei episodischer Migräne um durchschnittlich 1,5 Tage pro Monat. Tendenziell steigt die Ansprechrate dosisabhängig und die Wirkstärken von Metoprolol und Propranolol sind dabei vergleichbar1.
In den Leitlinien werden als häufig auftretende Nebenwirkungen Müdigkeit und arterielle Hypotonie beschrieben. Absolute Kontraindikationen stellen AV-Block, Bradykardie, Herzinsuffizienz, Sick-Sinus-Syndrom und Asthma bronchiale dar. Relative Kontraindikationen umfassen Diabetes mellitus, orthostatische Dysregulation und Depression.
Kalziumantagonisten
Der einzige Kalziumkanal-Blocker mit nachgewiesener Wirkung ist Flunarizin. In einer Metaanalyse reduzierte Flunarizin die Kopfschmerzhäufigkeit um 0,4 Attacken pro 4 Wochen im Vergleich zu einem Placebo. Nach sechsmonatiger Einnahme sollte eine Therapiepause erfolgen.
Die Wirksamkeit von Flunarizin war somit mit der von Propranolol vergleichbar, allerdings unterschied sich das Nebenwirkungsprofil2. So kommt es unter der Einnahme von Flunarizin häufiger zu Nebenwirkungen wie Depression oder Gewichtszunahme. Flunarizin sollte zudem nicht bei fokaler Dystonie, Depressionen oder während der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden. Eine genetische Disposition für Morbus Parkinson stellt ebenfalls eine relative Kontraindikation dar1.
Antidepressiva
Die Wirksamkeit von Amitriptylin ist mit der von Topiramat vergleichbar3 und zeigte im Vergleich zu einem Placebo eine signifikante Abnahme der Kopfschmerzfrequenz sowie höhere 50%-Responderrate4. Dies gilt sowohl für die episodische als auch die chronische Migräne5.
Die beste Wirkung wird nach viermonatiger Einnahme erreicht, weshalb es entscheidend ist, dass das Prophylaktikum ausreichend lange eingenommen wird. Amitriptylin sollte bevorzugt eingesetzt werden, wenn zusätzlich Spannungskopfschmerzen, chronisch neuropathischen Schmerzen, chronische Rückenschmerzen oder eine Depression vorliegen.
Häufige Nebenwirkungen von Amitriptylin sind Müdigkeit, Mundtrockenheit, Schwindel und Gewichtszunahme. Das Antidepressivum sollte nicht bei bestehender Herzinsuffizienz, Glaukom, Prostatahypertrophie, oder -adenom eingenommen werden1.
OnabotulinumtoxinA
OnabotulinumtoxinA (Botox) ist für die Therapie der chronischen Migräne zugelassen. Es sollte über zwei bis drei Behandlungszyklen im Abstand von drei Monaten eingesetzt werden, bevor über die Wirksamkeit entschieden wird. Eine Behandlung wird empfohlen, wenn zwei der zuvor beschriebenen Prophylaktika nicht ausreichend wirksam waren1.
Antikonvulsiva
Topiramat hat sich als wirksam in der Prophylaxe der episodischen als auch der chronischen Migräne erwiesen. In einer Metaanalyse aus 2021 wurde beobachtet, dass der Anteil der Betroffenen bei denen die durchschnittliche monatliche Migräne um mind. 50 % zurückging 2,67-mal so hoch war, wie bei dem Placebo6. Topiramat sollte zur Prophylaxe von Migränekopfschmerzen allerdings nur nach sorgfältiger Abwägung möglicher alternativer Behandlungsmethoden eingesetzt werden1. Das gilt besonders für Frauen im gebärfähigen Alter, die keine hochwirksame Empfängnisverhütung anwenden. Denn aktuelle Daten deuten darauf hin, dass die Anwendung während der Schwangerschaft schwere angeborene Fehlbildungen und fetale Wachstumsbeeinträchtigungen verursachen könnte. Aufgrund einer möglichen Wechselwirkung sollte somit auch bei systemisch hormonellem Kontrazeptiva eine zusätzlich Barrieremethode angewendet werden7.
Häufig auftretende Nebenwirkungen bei der Einnahme von Topiramat sind Müdigkeit, kognitive Störungen, Gewichtsabnahme und Parästhesien. Absolute Kontraindikationen umfassen Niereninsuffizienz und -steine. Weitere relative Kontraindikationen sind Depression, Angststörung, geringes Körpergewicht und Anorexie.
Monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor
Eptinezumab, Fremanezumab und Galcanezumab sind monoklonale Antikörper gegen Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), und Erenumab, ein monoklonaler Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor sind in der prophylaktischen Therapie der episodischen und chronischen Migräne einer Behandlung mit Placebo überlegen9–14. Alle monoklonalen Antikörper sind zugelassen zur Migräneprophylaxe bei Erwachsenen mit mindestens vier Migränetagen pro Monat.
Die Wirksamkeit dieser Antikörper kann innerhalb von 4–12 Wochen evaluiert werden. Bei chronischer Migräne kann ein verzögertes Ansprechen auftreten, sodass ein Ansprechen noch nach 5–6 Monaten beobachtet werden kann. Gemäß Zulassung ist der Behandlungserfolg nach drei Monaten zu überprüfen (für Eptinezumab nach sechs Monaten). Real-World-Daten aus unkontrollierten Studien zeigen allerdings erste Hinweise darauf, dass Personen mit episodischer Migräne besser auf Antikörper gegen CGRP und den CGRP-Rezeptor ansprechen als Personen mit chronischer Migräne15,16.
Aus Wirtschaftlichkeitsgründen gilt, dass CGRP-Antikörper bei episodischer und chronischer Migräne erst eingesetzt werden dürfen, wenn alle bisher zugelassenen Vortherapien nicht wirksam, nicht verträglich oder kontraindiziert sind. Eine Ausnahme davon besteht für Erenumab, das als einziger CGRP-Antikörper bereits nach einer einzigen erfolglosen Vortherapie budgetneutral verordnet werden darf. Diese Ausnahme von der Verordnungsreihenfolge ist auf die sog. HER-MES-Studie zurückzuführen. In der direkten Vergleichsstudie von Erenumab mit Topiramat zur Prophylaxe bei 777 Migränepatienten war Erenumab signifikant wirksamer (≥ 50% Reduktion der monatlichen Migräneattacken 55,4% vs. 31,2%) und wurde besser vertragen, wodurch es zu weniger Therapieabbrüchen (10,6% vs. 38,9 %) aufgrund von Nebenwirkungen kam8.
Eine budgetneutrale Verordnung von Fremanezumab und Galcanezumab ist nur dann möglich, wenn mindestens eine Vortherapie (Metoprolol, Propranolol, Flunarizin, Topiramat, Amitriptylin oder OnabotulinumtoxinA) nicht wirksam war bzw. nicht vertragen wurde oder Kontraindikationen gegen alle genannten Wirkstoffe bestehen1.
Eine Möglichkeit das Ansprechen auf verschiedene Medikationen im Blick zu halten, bietet das Kopfschmerztagebuch der Migräne-App auf Rezept sinCephalea. Hier kann die Einnahme sowie Wirkung der Medikamente festgehalten werden und später in einem Arztreport im PDF-Format zusammengefasst werden, der Ihnen einen schnellen Überblick erleichtert.
Additive- oder alternative Prophylaxen
Interventionelle Verfahren
Okzipitale Nervenblockade in der Migräneprävention
Die okzipitale Nervenblockade durch die Injektion von Lokalanästhetika und/oder Steroiden hat in einer begrenzten Anzahl an Studien moderate Effekte in der Kurzzeitbehandlung (weniger als drei Monate) der chronischen Migräne gezeigt17,18. Aufgrund der geringen Nebenwirkungsrate ist es möglich die Anwendung in Einzelfällen in Betracht zu ziehen. Jedoch ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar, ob Lokalanästhetika, Steroide oder eine Kombination aus beiden die größte Wirksamkeit bieten. Insgesamt ist in diesem Bereich mehr Forschung erforderlich, um die Wirksamkeit gesichert nachzuweisen1.
Invasive Neurostimulation
Grundsätzlich sollten invasive neuromodulierende Verfahren nur dann in Betracht gezogen werden, wenn eine chronische Migräne mit zusätzlicher Therapieresistenz besteht. Invasive Verfahren wie die bilaterale Stimulation des Nervus occipitalis major oder die Implantation einer Elektrode zur Migräneprophylaxe werden in den Leitlinien aber nicht empfohlen1.
Nicht-invasive Neuromodulation
Es gibt verschiedene Verfahren, die in der nicht invasiven Neuromodulation angewendet werden können. Sie kommen aufgrund der guten Verträglichkeit insbesondere für Betroffene in Frage, die eine medikamentöse Migräneprophylaxe ablehnen. Allerdings gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nur eine geringe Evidenz für den Einsatz nicht-invasiver Neurostimulatoren und es besteht keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen1.
Psychologische Verfahren
Bei der Entstehung von Migräne spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. So können genetische, psychosoziale, physiologische und biochemische Prädispositionen im Zusammenspiel Migräne begünstigen. Um einen ganzheitlichen Ansatz zu ermöglichen, sollte deshalb medikamentöse Prophylaxen mit nicht-medikamentösen Maßnahmen ergänzt werden.
Die Auswahl der ergänzenden Verfahren sollte sich an der Ausprägung der migränebedingten Beeinträchtigung der Lebensqualität sowie an möglichen psychischen Komorbiditäten orientieren. So sollten beispielsweise kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren (KVT), aufgrund der häufigen psychischen Komorbidität, insbesondere bei Betroffenen mit chronischen Kopfschmerzen in Betracht gezogen werden. Des Weiteren sollten bei starker Ausprägung und/ oder bestehender psychischer Komorbidität laut Leitlinienexpertinnen und -experten immer Verfahren der psychologischen Schmerztherapie angewandt werden.
Es soll einerseits dazu dienen kognitive Muster umzulernen, aber auch den Umgang mit Stress zu verbessern sowie Erwartungshaltungen zu verändern und den Lebensstil entsprechend anzupassen. Die verschiedenen Formen der KVT haben dabei bereits positive Effekte in RCTs auf Kopfschmerztage, die Beeinträchtigung im Alltag sowie entsprechende Komorbiditäten gezeigt19.
Edukation
Edukation in Form von Beratung und Aufklärung über die Diagnose, Pathomechanismen, Therapieoptionen und vieles mehr, stellt einen essenziell wichtigen Schritt in der Behandlung von Migräne dar. Denn ein verbessertes Verständnis der Erkrankung kann auch einen verbesserten Umgang damit herbeiführen. Dies kann über medizinische Fachpersonal geschehen, Workshops, Webinare, Lehrvideos oder App-basiert. Für letzteres kann z.B. die digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) sinCephalea infrage kommen. Durch die qualitativ hochwertige Wissenssammlung mit wissenschaftlich fundierten Videos und Wissenslektionen können Betroffene ausführlich über ihre Erkrankung aufgeklärt werden und hilfreiches Wissen für den Umgang mit ihrer Erkrankung erlangen.
Durch die Heterogenität der Edukation aufgrund diverser Kanäle, Inhalte, Dauer, Häufigkeit und Kombination mit weiteren Maßnahmen, wird die Evidenz für einen Effekt, im Sinne einer Verbesserung migränebedingter Parameter, als schwach bis stark bewertet20.
Entspannung
Die Leitlinien zur Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe empfehlen den Einsatz von Entspannungsverfahren. Diese können allein oder in Kombination mit medikamentösen Prophylaktika angewendet werden. Entspannungsverfahren umfassen unter anderem autogenes Training, Achtsamkeit, progressive Muskelrelaxation oder auch Hypnose1. Sie zielen darauf ab, das Missverhältnis der Energiereserven (z.B. durch Arbeitsbelastung) wiederherzustellen. Denn solch ein Missverhältnis kann zu einer Dämpfung und Irregulation der Informationsverarbeitung führen, sodass die Schmerztoleranz steigt und die entsprechende Schmerzwahrnehmung abnimmt. Die verschiedenen Maßnahmen werden von der Leitlinie als wirksam bewertet, da sie die Migränehäufigkeit um 35-40 % senken und somit sogar einer Behandlung mit Propranolol ähneln21,22. Auf welche Art und Weise diese Entspannungsverfahren durchgeführt oder angeleitet werden, ist dabei unterschiedlich, wobei die Implementation und Anwendung in Apps vielversprechend ist. Bei der DiGA sinCephalea findet man dahingehend verschiedene Audio-Entspannungsübungen in Form von diversen Meditationen, z.B. zur progressiven Muskelentspannung, sowie sanfte Bewegungsübungen, um bspw. Nackenverspannung zu lösen.
Biofeedback
Die Messung körperlicher Funktionen kann als Art „live Rückmeldung“ verstanden werden und für einige Person ein Gefühl der Kontrolle und somit Entspannung bringen. Erste Implementierung in Apps sind über zusätzliches Equipment, wie Wearables in Form von Smart-Watches, möglich23.
Die Wirksamkeit ähnelt dabei der von Entspannungsverfahren und umfasst neben einer verminderten Migräne- und Kopfschmerzhäufigkeit, Effekte der Selbstwirksamkeit sowie verbesserte Depressionssymptomatik24.
Ausdauersport
Regelmäßiger Ausdauersport, der häufig (etwa dreimal pro Woche für ca. 30 Minuten) durchgeführt wird, kann bei Betroffenen positive Effekte haben und das allgemeine Lebens- und Körpergefühl verbessern1. Die Intensität sollte dabei moderat gestaltet bzw. nach subjektiven ermessen forciert werden, da Individuen auch von Ausdauersport als Auslöser für Migräne berichten. Die Evidenz gestaltet sich zudem aufgrund der Studienqualität eher niedrig, wobei von mittleren bis großen Effekten, wie einer verminderten Schmerzintensität, geringerer Medikamenteneinnahme und reduzierter Migränehäufigkeit, berichtet wird25–27.
Ernährung
Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium, Coenzym Q10 und Riboflavin sind gut verträglich und haben in Studien positive Effekte auf Migräne gezeigt28. Sie gelten damit als wirksam in der Migräneprophylaxe, allerdings nur mit geringer wissenschaftlicher Evidenz. In der S1-Leitlinie wird außerdem darauf hingewiesen, dass weitere Nahrungsergänzungsstoffe wie Vitamin B12, -D3 oder Omega-3-Fettsäuren sowie Probiotika zur Migräneprophylaxe derzeit als nicht wirksam eingestuft werden.
Zuckerarme-, fettarme- und ketogene Diäten könnten hingegen möglicherweise wirksam sein1.
Gerade eine ketogene- und niedrig-glykämische Ernährungsweisen werden seit längerem als diätetische Ansätze zur Migränebehandlung diskutiert. Studien zur ketogenen Diät haben diesbezüglich sowohl positive als auch keine signifikanten Effekte gezeigt, weshalb die Datenlage als kontrovers bewertet wird. Für die niedrig-glykämische Ernährung gab es in den letzten Jahren neue Erkentnisse29–31. Der innovative Ansatz der DiGA sinCephalea kombiniert die niedrig-glykämische Ernährung mit einem personalisierten Ansatz. In mehreren Studien konnte der medizinische Nutzen gezeigt werden 32,33 und aktuell die Wirksamkeit in einer RCT bestätigt werden.
Die Grundlage dafür stellen individuelle postprandiale Blutzuckerreaktionen auf Mahlzeiten, welche interindividuellen Schwankungen unterliegen34. Die DiGA ermöglicht Betroffenen mithilfe eines Glukosesensor personalisierte Ernährungsempfehlungen zu erlangen, um ihren Blutzucker möglichst stabil zu halten bzw. Blutzuckerschwankungen vorzubeugen und somit Migräne vorzubeugen. Dabei bietet die Apps entsprechende Tipps und Tricks, um Mahlzeiten blutzuckerfreundlich zu modifizieren, ohne auf Genuss verzichten zu müssen. Zudem ist das Kopfschmerztagebuch mit der Erfassung von Medikamenten, Befinden und Menstruation ein zentraler Inhalt der App.
Apps
Digitale Anwendungen wie Apps und Telemedizin können die Diagnostik und Therapie der Migräne insbesondere durch Verlaufs- und Erfolgskontrollen unterstützen. Dabei sind integrierte Kopfschmerzkalender von zentraler Bedeutung. Sie helfen Migräne-Betroffene auf Begleitsymptome zu achten und diese zu dokumentieren. Außerdem können digitale Anwendungen Aufklärungsarbeit dort übernehmen, wo Betroffenen den Zugang zu ausreichender ärztlicher Betreuung erschwert ist.
Zum Zeitpunkt der letzten Aktualisierung der S1-Leitlinie (2022) lagen keine Ergebnisse aus randomisierten kontrollierten Studien zur klinischen Effektivität bzw. Verbesserung der Versorgungsqualität vor1. In der Zwischenzeit konnte allerdings die Wirksamkeit der digitalen nicht-medikamentösen Migräneprophylaxe App sinCephalea in einer randomisierten kontrollierten Studie (RCT) nachgewiesen werden. Damit gehört sinCephalea zu den best-untersuchtesten nicht-medikamentösen Therapien. sinCephalea ist auf Basis von klinischen Studiendaten als DiGA in das Verzeichnis des BfArM aufgenommen und somit durch die Krankenkassen erstattungsfähig. Sie bietet neben dem personalisierten Ernährungsansatz auch ein übersichtliches Kopfschmerztagebuch und hochwertige Wissenslektionen.
Fazit
Die Migräneprophylaxe stellt einen essenziellen Bestandteil der Migränebehandlung dar, insbesondere bei Betroffenen mit häufigen Attacken und starkem Leidensdruck. Eine individuell angepasste Therapie, die sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Ansätze berücksichtigt, hat das Potential, die Lebensqualität von Migräne-Betroffenen erheblich zu verbessern. Bei der Therapieauswahl muss dabei stets die Bedürfnisse und besondere Lebensabschnitte der Betroffenen berücksichtigt werden.
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Autor
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Dr. med. Kristian Ewald ist promovierter Mediziner und Wissenschaftler. Mit einer reichen wissenschaftlichen Erfahrung aus dem Bereich der klinischen Forschung versteht er es, seine Kenntnisse mit den neuesten Erkenntnissen aus fundierten, evidenzbasierten Studien und Leitlinien zu verbinden. Sein Ziel ist es, wissenschaftlichen Erkenntnisse in praktische Anwendungen zu übersetzen, die Patient:innen mit Migräne sofort nutzen können.
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